Versteckte Mängel bei Wohnungs- und Hauskauf

In Kaufverträgen betreffend Wohnungen und Häuser wird sehr häufig die Gewährleistungspflicht des Verkäufers ausgeschlossen. Dabei werden Klauseln in den Vertrag aufgenommen wie etwa „Der Verkäufer haftet für keine bestimmte Beschaffenheit oder für einen bestimmten Zustand des Vertragsobjektes“. Verbunden werden solche Klauseln häufig mit Anmerkungen wie „Der Käufer hatte ausreichende Gelegenheit zur Besichtigung“, „Der Käufer hat das Vertragsobjekt sorgfältig besichtigt“, oder ähnliches. In einer kürzlich veröffentlichten Entscheidung des Obersten Gerichtshofes (OGH 23.5.2023, 1 Ob 79/23h) wurde die Wirkung eines solchen scheinbar umfassenden Gewährleistungsverzichtes erheblich eingeschränkt. Dies betrifft insbesondere sogenannte „versteckte Mängel“, also Mängel, welche bei ordnungsgemäßer und sorgfältiger Besichtigung für den Käufer nicht erkennbar sind. Der Oberste Gerichtshof verweist darauf, dass Vereinbarungen über die Beschränkung oder den Ausschluss einer Haftung im Zweifel einschränkend zu interpretieren sind.

Aus diesem Rechtsgrundsatz leitet der Oberste Gerichtshof ab, dass Klauseln, welche die Gewährleistung bei Liegenschaftskäufen ausschließen, nur die Haftung für jene Mängel ausschließen, die für den Käufer bei sorgfältiger Besichtigung erkennbar waren, und zwar insbesondere dann, wenn der Vertrag Bezug auf den für den Käufer bekannten Zustand nimmt.

Im konkreten Fall bestand beim Kaufobjekt eine Wärmebrücke durch unzureichende Wärmedämmung. Dieser Mangel war für den Käufer bei ordnungsgemäßer Besichtigung nicht erkennbar und kann laut dem Höchstgericht ein solcher Mangel nicht vom Gewährleistungsverzicht umfasst sein. Dem Käufer stehen daher in solchen Fällen alle Gewährleistungsbehelfe wie Verbesserung, Preisminderung oder bei entsprechenden schweren Mängeln auch das Recht der Wandlung (Rückabwicklung) zu.

Erstellt August 2023