Haftungserleichterung für Waldbesitzer

Nach ständiger Rechtsprechung wird aus § 176 Abs.2 und Abs. 4 Forstgesetz 1975 abgeleitet, dass Waldeigentümer und Waldbewirtschafter eine Obsorgepflicht bei erkennbar gefährlichem Waldzustand entlang öffentlicher Straßen und Wege trifft. Mit seiner Entscheidung vom 30.06.2022, 9Ob28/22s, hat der Oberste Gerichtshof jetzt klargestellt, dass ein Waldbesitzer oder Waldbewirtschafter bezogen auf öffentliche Straßen und Wege nicht strenger haften kann als der Wegeerhalter selbst. Gem. § 1319a ABGB haftet ein Wegeerhalter jedoch nur für grobe Fahrlässigkeit. Grobe Fahrlässigkeit ist nach ständiger Rechtsprechung eine auffallende Sorglosigkeit, bei der die gebotene Sorgfalt nach den Umständen des Falles in ungewöhnlichem Maße verletzt wird und der Eintritt des Schadens nicht nur als möglich sondern geradezu als wahrscheinlich vorauszusehen ist.

Im konkreten Fall ist ein Baum im Böschungsbereich einer Straße umgestürzt und in der Folge auf die Straße gerutscht, was dann zu einem Motorradunfall geführt hat. In diesem Fall war aus dem äußeren Erscheinungsbild des Baumes nicht erkennbar, dass bereits eine Schädigung der Holzsubstanz vorliegt, obwohl der betreffende Baum eine Schädigung der Rinde aufgewiesen hat. Nach Einschätzung des Höchstgerichtes wäre bei genauer Überprüfung wohl eine Entfernung des Baumes zweckmäßig gewesen, aus dem äußeren Erscheinungsbild war aber die Schädigung der Holzsubstanz nicht zwingend unmittelbar erkennbar. Demnach wurde mangels grober Fahrlässigkeit eine Haftung des Waldbesitzers nicht angenommen. Grundsätzlich ist aber einem Waldbesitzer und Waldbewirtschafter anzuraten, entlang von öffentlichen Straßen und Wegen regelmäßig Sichtkontrollen auf schadhafte und gefährliche Bäume und Äste vorzunehmen und dies auch ausreichend, etwa durch Anfertigung von Protokollen, zu dokumentieren. Augenscheinlich gefährliche und schadhafte Bäume und Äste sind zu entfernen.

Erstellt 09.08.2022