NACHVERRECHNUNGSVORBEHALT gemäß. ÖNORM B2110
Mit Entscheidung vom 17.02.2022, 90b76/21y hat sich der Oberste Gerichtshof neuerlich mit den Anforderungen an einen Nachverrechnungsvorbehalt gem. Punkt 8.4.2 der ÖNORM B2110 auseinandergesetzt. Zweck dieser Bestimmung ist grundsätzlich, den Auftraggeber einer Bauleistung nach Leistung einer vermeintlichen Schlusszahlung zeitnahe davon in Kenntnis zu setzen, welche Forderungen von Seiten des Auftragnehmers noch gegenüber ihm gestellt werden. Um diesem Zweck gerecht zu werden, genügt es nach der Meinung des OGH nicht, dass Rechnungskorrekturen generell beeinsprucht werden, etwa "Ihre Rechnungskorrekturen werden nicht akzeptiert", sondern hat der Auftragnehmer eine weitergehende Begründungspflicht. Es müssen also die einzelnen Rechnungspositionen, deren Korrektur nicht akzeptiert wird, angeführt werden und muss die Begründung auch in erkennbarer Weise den Standpunkt des Auftragnehmers enthalten. Diese Anforderungen dürfen aber auch nicht soweit überspannt werden, dass dadurch unnötige Hürden für die Nachforderung aufgebaut werden. Dies wird insbesonders dann, wenn Rechnungen eine Vielzahl von korrigierten Leistungspositionen enthalten, zu berücksichtigen sein. Generell hat der Oberste Gerichtshof auch mit dieser Entscheidung wiederum klargestellt, dass für die Frage, ob ein ausreichender Nachverrechnungsvorbehalt vorliegt, die Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen sind. Jedenfalls wird aber dem Auftragnehmer zugemutet, dass er innerhalb von 3 Monaten nach Erhalt einer Schlusszahlung des Auftraggebers er seine Vorbehalte gegen Abzüge ausreichend individualisiert und nachvollziehbar anmeldet.
Klargestellt hat der Oberste Gerichtshof in dieser Entscheidung auch, dass ein Nachverrechnungsvorbehalt grundsätzlich gegenüber dem Auftraggeber zu erheben ist. Ein Nachverrechnungsvorbehalt, welcher etwa gegenüber der örtlichen Bauaufsicht erhoben wurde, ist nur dann rechtswirksam, wenn ein ausreichendes Bevollmächtigungsverhältnis nachgewiesen ist oder zumindest ein ausreichender Anschein einer Bevollmächtigung vorliegt, wenn zum Beispiel der Auftraggeber seine örtliche Bauaufsicht damit beauftragt, Schlussrechnungsbesprechungen durchzuführen, Außerstreitstellungen vorzunehmen und solche auch abzuzeichnen. Um derartige Diskussionen auszuschalten, empfiehlt es sich, Schlussrechnungsvorbehalte generell direkt an den Auftraggeber zu erheben.