PRIVATVERKAUF VON GEBRAUCHTFAHRZEUGEN NEUE ENTSCHEIDUNG

 

Eine bemerkenswerte Entscheidung fällte der Oberste Gerichtshof am 25.06.2024 zu 4 Ob 96/24g. Darin sprach der OGH aus, dass bei einem Privatverkauf eines Gebrauchtfahrzeuges der Verkäufer bei einem vereinbarten Gewährleistungsausschluss auch nicht für die Fahrbereitschaft des Fahrzeuges haftet.

Bisher wurde die Ansicht vertreten, dass bei einem Fahrzeug, welches mit einer gültigen Prüfplakette versehen ist, stillschweigend vereinbart sei, dass auch die Fahrbereitschaft gegeben sei. In Zukunft gilt dies also nur mehr bei Fahrzeugkäufen von befugten Kfz-Händlern.

Grundsätzlich besteht die Möglichkeit bei einem Privatverkauf eines Gebrauchtfahrzeuges einen Gewährleistungsverzicht zu vereinbaren. Dieser Gewährleistungsverzicht ist nach Meinung des Höchstgerichtes umfassend. Lediglich wenn besondere Eigenschaften des Fahrzeuges zugesichert werden, ist für das Vorhandensein solcher Eigenschaften zu haften.

Der Privatverkäufer haftet also nur für ausdrücklich bedungene Eigenschaften, nicht aber für nur gewöhnlich vorausgesetzte Eigenschaften. Demnach kann zukünftig der Käufer eines Gebrauchtfahrzeuges bei einem Privatverkauf und bei Vereinbarung eines Gewährleistungsverzichtes aus dem Vorhandensein einer gültigen Begutachtungsplakette, aus dem Kilometerstand und aus der Höhe des Kaufpreises keine Zusage einer bestehenden oder künftigen Fahrbereitschaft ableiten. Ein Gebrauchtwagenkäufer ist daher gut beraten, wenn er sich Eigenschaften des Fahrzeuges, welche für seinen Kauf entscheidungswesentlich waren, schriftlich bestätigen lässt.

 

Erstellt: Juli 2024

VERTEIDIGERKOSTENBEITRAG NEU

 

Wer als Angeklagter in einem Strafverfahren freigesprochen wird oder dessen Verfahren nach Anklageerhebung mit Einstellung endet, hat nach der Strafprozessordnung Anspruch auf einen Beitrag zu den Kosten der Verteidigung, welchen der Staat aufgrund eines Beschlusses des Gerichtes zu tragen hat. Bisher waren für diese Entschädigung im Gesetz Höchstbeträge vorgesehen, welche die tatsächlichen Kosten der Verteidigung bei Weitem nicht abgedeckt haben. Beim Bezirksgericht betrug die Entschädigung bisher maximal

EUR 1.000,00, beim Einzelrichterverfahren am Landesgericht maximal EUR 3.000,00 und beim Schöffen- und Geschworenengericht maximal EUR 5.000,00 bzw. EUR 10.000,00.

In jüngster Zeit hat dies immer wieder zu heftiger Kritik geführt, weil Angeklagte speziell in aufwendigen und lang dauernden Verfahren trotz eines Freispruches mit ruinösen Verteidigungskosten konfrontiert waren. Diese berechtigte Kritik hat die Bundesregierung nunmehr aufgegriffen und im Rahmen einer Regierungsvorlage dem Parlament eine wesentliche Gesetzesverbesserung zu dieser Thematik zur Beschlussfassung vorgelegt. Die Höchstbeträge für den Verteidigerkostenbeitrag wurden deutlich erhöht, nämlich beim Bezirksgericht mit EUR 5.000,00, beim Einzelrichterverfahren mit EUR 13.000,00 und beim Schöffen- und Geschworenengericht mit EUR 30.000,00. Diese Höchstbeträge können im Einzelfall bei besonders langwierigen Verfahren auch noch verdoppelt werden.

Erstmals wird festgelegt, dass auch bei einer Einstellung des strafrechtlichen Vorverfahrens (Ermittlungsverfahren) ein Kostenersatzanspruch besteht, und zwar bis zu einer Höchstgrenze von EUR 6.000,00. Diese Gesetzgebung bringt eine deutliche Erleichterung für die unschuldig Angeklagten. Vorgesehen ist im Gesetzesentwurf, welcher im Juli 2024 im Parlament beschlossen wird, dass die erhöhten Kostenersatzgrenzen bereits für alle Verfahren gelten, welche am 01.01.2024 anhängig waren.

Ein Verteidigerkostenbeitrag ist, wie bereits bisher, vom freigesprochenen Angeklagten mit gesonderter Eingabe bei Gericht zu beantragen.

Erstellt Juni 2024

Unfall eines Schülers während der Nachmittagsbetreuung

Der Betreuung von Schülern im Rahmen einer Nachmittagsbetreuung von Schulen, kommt wegen der Entlastung berufstätiger Eltern immer mehr Bedeutung zu. Ungeklärt war bisher, welche Haftungsfolgen ein Unfall eines Schülers während einer solchen Nachmittagsbetreuung hat.

Klar geregelt sind die Haftungsfolgen eines Unfalles eines Schülers während der regulären Schulzeit. Für Unfälle eines Schülers während der Unterrichtszeit (auch während der Pausen) haftet die Schule, konkret der Schulerhalter nicht, weil das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz in § 335 Abs 3 ASVG ein Haftungsprivileg des Schulerhalters festlegt. Diese Haftungsbefreiung gilt grundsätzlich auch dann, wenn ein Unfall durch einen Mitschüler ausgelöst wird. Ein derartiger Unfall eines Schülers wird im Sinne des ASVG wie ein Arbeitsunfall eines Dienstnehmers behandelt und als solcher sozialversicherungsrechtlich auch anerkannt. Der OGH hat bisher ausgesprochen, dass ein innerer und tatsächlicher Zusammenhang mit dem Schulbetrieb bestehen muss, was jedenfalls im Einzelfall zu prüfen ist. Besteht ein solcher tatsächlicher und innerer Zusammenhang zwischen einem Unfall eines Schülers oder einer Schülerin mit dem Schulbetrieb, kann der Schulerhalter in der Regel nicht nach dem Amtshaftungsgesetz belangt werden.

Unklar war bis zuletzt, ob dieses Privileg auch für die Nachmittagsbetreuung gilt. Mit der Entscheidung 1 Ob 23/24z vom 05.03.2024 hat das Höchstgericht nunmehr Klarheit geschaffen, indem der OGH ausgesprochen hat, dass das Haftungsprivileg des ASVG auch für die Nachmittagsbetreuung einer Schule gilt. Im Anlassfall hat ein Schüler im Zuge einer Nachmittagsbetreuung bei der Sportausübung einen Ball geworfen, mit dem ein anderer Schüler erheblich verletzt wurde. Die gegen den Schulerhalter gerichtete Amtshaftungsklage des verletzten Schülers wurde rechtskräftig abgewiesen. Entscheidend war, dass sich der betroffene Schüler auch während der Nachmittagsbetreuung im organisatorischen Verantwortungsbereich der Schule befand. Positive Konsequenz aus dieser Entscheidung ist, dass ein Unfall eines Schülers auch während der Nachmittagsbetreuung als Arbeitsunfall anzuerkennen ist.

Erstellt Mai 2024

Inkassoinstitute dürfen nur unbestrittene Forderungen betreiben

In der Vergangenheit ist es häufig vorgekommen, dass Inkassoinstitute unklare und strittige Forderungen zur Betreibung übernommen haben. Selbst wenn den Inkassoinstituten mitgeteilt wurde, dass die Forderung strittig ist, haben sie weiterhin Betreibungsmaßnahmen gesetzt. Forderungsschreiben wurden so abgefasst, dass für den Fall der Nichtzahlung weitere Betreibungsmaßnahmen und weitere Kosten angekündigt wurden. Dies hat vermeintliche Schuldner oft dazu bewegt, auch strittige und unklare Forderungen zu bezahlen, um weitere Kosten und Unannehmlichkeiten zu vermeiden.

Dieser unlauteren Praxis hat der Oberste Gerichtshof nunmehr mit der Entscheidung 4 Ob 45/23f vom 12.09.2023 eine Absage erteilt. Er hat mit dieser Entscheidung klargestellt, dass Inkassoinstitute strittige Forderungen nicht zur Einziehung übernehmen dürfen. Es ist ihnen auch untersagt, vermeintlichen Schuldnern den Abschluss vom Vergleichen zur Streitbereinigung anzubieten.

Die entgeltliche Betreibung von strittigen Forderungen und der entgeltliche Abschluss von Vergleichen zur Streitbereinigung ist im Sinne dieser Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes unzweifelhaft den Rechtsanwälten vorbehalten. Die Betreibung einer strittigen Forderung durch ein Inkassoinstitut ist ein Rechtsbruch im Sinne des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb, welcher mit Unterlassungsklage bekämpft werden kann.

Jedem, der von einem Inkassoinstitut mit einer unklarer oder unberechtigter Forderung konfrontiert wird, ist daher zu empfehlen, dem Inkassoinstitut schriftlich mitzuteilen, dass die Forderung bestritten wird. Sollten trotz einer solchen Information weiter Betreibungsschritte durch das Inkassoinstitut gesetzt werden, liegt eine rechtswidrige Handlung vor, welche im Sinne der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes bekämpft werden kann.

Erstellt Oktober 2023

Versteckte Mängel bei Wohnungs- und Hauskauf

In Kaufverträgen betreffend Wohnungen und Häuser wird sehr häufig die Gewährleistungspflicht des Verkäufers ausgeschlossen. Dabei werden Klauseln in den Vertrag aufgenommen wie etwa „Der Verkäufer haftet für keine bestimmte Beschaffenheit oder für einen bestimmten Zustand des Vertragsobjektes“. Verbunden werden solche Klauseln häufig mit Anmerkungen wie „Der Käufer hatte ausreichende Gelegenheit zur Besichtigung“, „Der Käufer hat das Vertragsobjekt sorgfältig besichtigt“, oder ähnliches. In einer kürzlich veröffentlichten Entscheidung des Obersten Gerichtshofes (OGH 23.5.2023, 1 Ob 79/23h) wurde die Wirkung eines solchen scheinbar umfassenden Gewährleistungsverzichtes erheblich eingeschränkt. Dies betrifft insbesondere sogenannte „versteckte Mängel“, also Mängel, welche bei ordnungsgemäßer und sorgfältiger Besichtigung für den Käufer nicht erkennbar sind. Der Oberste Gerichtshof verweist darauf, dass Vereinbarungen über die Beschränkung oder den Ausschluss einer Haftung im Zweifel einschränkend zu interpretieren sind.

Aus diesem Rechtsgrundsatz leitet der Oberste Gerichtshof ab, dass Klauseln, welche die Gewährleistung bei Liegenschaftskäufen ausschließen, nur die Haftung für jene Mängel ausschließen, die für den Käufer bei sorgfältiger Besichtigung erkennbar waren, und zwar insbesondere dann, wenn der Vertrag Bezug auf den für den Käufer bekannten Zustand nimmt.

Im konkreten Fall bestand beim Kaufobjekt eine Wärmebrücke durch unzureichende Wärmedämmung. Dieser Mangel war für den Käufer bei ordnungsgemäßer Besichtigung nicht erkennbar und kann laut dem Höchstgericht ein solcher Mangel nicht vom Gewährleistungsverzicht umfasst sein. Dem Käufer stehen daher in solchen Fällen alle Gewährleistungsbehelfe wie Verbesserung, Preisminderung oder bei entsprechenden schweren Mängeln auch das Recht der Wandlung (Rückabwicklung) zu.

Erstellt August 2023