Regressansprüche des Bauunternehmers gegenüber der örtlichen Bauaufsicht
In einer bemerkenswerten Entscheidung (8Ob 88/19b) hat der Oberste Gerichtshof einem Bauunternehmer einen Regressanspruch gegenüber der örtlichen Bauaufsicht (ÖBA) zugestanden. Bisher wurde von der Rechtsprechung und der Lehre dahingehend argumentiert, dass die örtliche Bauaufsicht ausschließlich im Interesse und im Auftrag des Bauherrn tätig wird und ein beauftragter Bauunternehmer daraus keinen Anspruch auf Beaufsichtigung ableiten kann.
In besagter Entscheidung führt der Oberste Gerichtshof nunmehr aus dass, und zwar unter Verweis auf die Bestimmung des § 896 ABGB, ein Regressanspruch des Bauunternehmers gegen die ÖBA dann denkbar ist, wenn die ÖBA durch schuldhaftes Verhalten einen wesentlichen Beitrag zum Misslingen eines Werkes geleistet hat. Kann also der Bauherr aufgrund eines schuldhaften Verhaltens des Bauunternehmers erfolgreich Schadenersatzansprüche gegen den Bauunternehmer geltend machen und hat die ÖBA aber andererseits ein erhebliches Mitverschulden am eingetragenen Schaden zu verantworten, so ist nach den Erwägungen des Obersten Gerichtshofes ein Regressanspruch des Bauunternehmers gegenüber der ÖBA aus den zitierten schadenersatzrechtlichen Bestimmungen ableitbar. Es ist allerdings im Einzelfall abzuwägen, ob das Verschulden der ÖBA hinter dem Verschulden des Bauunternehmer soweit zurücktritt, dass dieses vernachlässigt werden kann. Im konkreten Fall ist das Höchstgericht aber zu dem Ergebnis gekommen, dass der Verschuldensbeitrag der örtlichen Bauaufsicht etwa gleichwertig war, wie das Verschulden des Bauunternehmers und hat daher dem Bauunternehmer gegenüber der örtlichen Bauaufsicht 50% der an den Bauherrn geleisteten Schadenersatzzahlung zuerkannt.
Der Oberste Gerichtshof hat sich bei seinen Ausführungen ausschließlich mit Regressansprüchen aufgrund von Schadenersatzzahlungen des Bauunternehmers auseinandergesetzt. Ungeklärt bleibt daher, ob ein Bauunternehmer auch im Fall von Gewährleistungsansprüchen des Bauherrn Regressansprüche bei der örtlichen Bauaufsicht erheben kann, wenn diese ein Mitverschulden am Entstehen dieser Gewährleistungsansprüche trifft. Dies wird wohl dann zu bejahen sein, wenn die betreffenden Gewährleistungsansprüche vom Bauherrn unter den Titel des Schadenersatzes geltend gemacht werden könnten. Diesbezüglich muss man aber noch gespannt einer Entscheidung des Obersten Gerichtshofes entgegenblicken.
Stand 29.04.2020